Mit der Umsetzung des europäischen Rechts, wie es sich in der EU-Richtlinie Fauna-Flora-Habitat (FFH) niederschlägt, tut sich die Bundesrepublik Deutschland bekanntlich schwer. Die Länder kommen in einem wohl sehr merkwürdigen Verständnis des Föderalismus den ihnen zufallenden Aufgaben in der Überführung der FFH-Richtlinie aus den ersten Anfängen heraus nur sehr zögerlich, unvollständig und unter Anwendung aller nur denkbaren und üblen juristischen Tricks und Anwendung der Verschleppungstaktik nach. – Oder besser: Nicht nach!

So auch das Land Brandenburg. Es lässt sich sehr viel Zeit mit der längst überfälligen Ausweisung eines Naturschutzgebietes (NSG), wie es sich aus der Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht ergibt. Im Oberen Rhinluch, zwischen Kremmen und Fehrbellin-Linum sind zirka 2.000 Hektar des ursprünglichen Niedermoorgebiets als FFH-Gebiet von der EU akzeptiert und als solches festgelegt worden. In behördeneigener Behäbigkeit wurde endlich im Sommer 2010 der Entwurf einer NSG-Verordnung öffentlich ausgelegt. – Ein Entwurf, wie man ihn unverständlicher und so wenig praktikabel kaum verfassen kann – meinte das VsK in seiner Stellungnahme.

Aber, mit dem Inkrafttreten der Schutzverordnung „NSG Oberes Rhinluch“ wären etwa 2.700 ha der Luchlandschaft dem Naturschutzrecht unterstellt. Da wäre dann das Ausbringen von Gülle nicht mehr zulässig, so wie diverse andere agrarwirtschaftliche naturschädigende Praktiken. Große Teile des geplanten NSG (mit wohlgemerkt 2.000 ha FFH-Gebiet) sollen damit vor weiterer Belastung und Schädigung geschützt werden, die sich aus der momentanen Habitate zerstörenden Landnutzung ergibt. Es sind praktisch zwei agrarindustrielle Großbetriebe in Nachfolge der früheren LPGen, die „das Sagen“ haben. Deren Repräsentanten führen sich auch so auf (es gilt heute wieder: „Bauernland in Junkerhand“). Und die Verbindungen zur Politik sind augenscheinlich besser als es einem demokratischen Gefüge gut tut …. Insbesondere ein Abteilungsleiter im brandenburgischen Landwirtschaftsministerium soll (!) alten Seilschaften die Treue halten.

Jedenfalls wird von den Repräsentanten der in Kremmen ansässigen Agrarindustrie die Ausweisung des NSG hintertrieben, von dem für gut 2.000 Hektar des FFH-Gebiets der Schutz ja bereits besteht; in dem unter anderem auch zu Recht das „Verschlechterungsverbot“ greift (wie der Europäische Gerichthof in einem Verfahren gegen Italien längst festgestellt hat). Doch das wird in Kremmen und anscheinend auch im Potsdamer Ministerium geflissentlich ignoriert. – Eine Verschlechterung würde zum Beispiel die fortlaufende Gülle-Ausbringung besorgen. Dass die Großbetriebe Millionen Euro an EU-Subventionen kassieren (und vom Land Brandenburg bisher auch noch üppig mit Finanzmitteln aus dem „Vertragsnaturschutz bedient wurden, damit sie nicht ganz und gar alles „platt machen“), interessiert da nicht. Sie nehmen die Wohltaten der EU willig und so gern wie reichlich. Aber in der Umkehrung auch den Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit der EU nachzukommen: Fehlanzeige.

Nun wurde, dem Diktat der Agrarier folgend, ein sogenannter „Kompromiss“ ausgehandelt, der die in der NSG-Verordnung vorgesehenen Einschränkungen agrarwirtschaftlicher Praktiken kippt. Gerade so, als könne das, was der Naturschutz überhaupt noch schützen kann, irgendwo „Kompromisse“ ertragen. Nun endlich, da man durch üble politische Machenschaften mit dem Rücken an die Wand gedrückt steht, und ein nicht zu überbietendes Unheil sich über das Obere Rhinluch zu ergießen droht – wo sich zum Bespiel einer der wichtigsten „Trittsteinbiotope“ im europäischen Vogelzug findet, mit schon bis zu 80.000 rastenden Kranichen – geht man in die Offensive. Im ersten Schritt haben die im Gebiet tätigen Verbände unter Federführung des Kranichschutz Deutschland sich in einem Offenen Brief artikuliert.

Lesen Sie selbst …. und unterstützen Sie bitte den Protest gegen die drohende Zerstörung des Oberen Rhinluchs durch die rücksichtlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und Zerstörung der Landschaft durch die Profitgier der Agrarindustrie.

Vielen Dank!

 

Offener Brief

Offener Brief: Ein Naturschutzgebiet, kein Etikettenschwindel fürs Obere Rhinluch! (Download als PDF-Datei)



Wir informieren weiter.

Dr. Eberhard Schneider