Die Zeit der Kraniche

Linum, 20. September: Mit einer gewissen Verspätung gegenüber dem gewohnten Eintreffen am traditionell bedeutsamen Rastplatz im Oberen Rhinluch stellen sich allmählich die Kraniche auf dem Zug in die Überwinterungsgebiet ein. Den Sommer über waren etwa 150 bis 200 nichtbrütende Vögel zu beobachten, die in der Region in kleinen oder größeren Gruppen umherstreiften und zumeist auf Grünland ihre Nahrung suchten. Im Teichgebiet Linum brüteten wohl zwei Paare – wie aber der Aufzuchterfolg war, ist unbekannt. Zu gut versteckt sind die Brutplätze im unzugänglichen Erlenbruchwald.

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Seit der letzten Augustdekade nahm die Zahl der im Teichland übernachtenden „Vögel des Glücks“ kontinuierlich zu. Unsere gepachteten Teiche waren im Wasserstand auf das Bedürfnis der Kraniche für ihre sichere Nachtruhe eingestellt. Zirka 800 Vögel übernachteten Ende August dort; und die Zahl stieg allmählich weiter. Geschätzt 1.800 – 2.000 Vögel sind derzeit bei der Nahrungssuche auf den Feld- und Grünlandflächen der Region zu sehen. Die Maisernte hat vor wenige Tagen begonnen, so dass angesichts des atemberaubenden Arbeitstempos der Erntemaschinerie, die so wenig vor einem kleinen Vogel wie auch vor einem ihnen in´s Mähwerk geratenden Wildschwein Halt machen und alles zerhäckseln und schlucken was ihnen nicht schnell genug entfliehen kann, stündlich neue große Flächen hinzu kommen, auf denen die Kraniche nach Futter suchen. – Ob das Angebot an ausgefallenen Maiskörnern bei dem heutzutage für die Biogasanlagen geernteten Mais noch so reichlich ausfällt wie auf Körnermaisplantagen, das sei dahin gestellt. Für den Kranichrastplatz im Rhinluch, der es im Vorjahr ja nur noch auf ca. 35.000 Vögel in der Tagesspitze brachte ( vor wenigen Jahren waren es bis zu mehr als 80.000!) könnte das dauerhaft den Verlust der Rolle als „bedeutendster Kranichrastplatz Mitteleuropas“ kosten.

Man wird sehen, was sich in den nächsten Wochen tut. Derzeit ist der Einflug neuer Wanderer zu beobachten. Meist sind es noch kleine Gruppen, oftmals Familien. Dabei fällt auf, dass zahlreiche Paare nur einen Jungvogel führen. Es scheint so, als sei das diesjährige Brutergebnis kein besonders gutes. Zumindest bei den im weiteren Umkreis (z. B. Uckermark, Oderbruch) brütenden. Denn aus diesem nationalen Bestand rekrutieren sich die derzeit im Rhinluch eingetroffenen Vögel (vgl. dazu Kranichbericht 2011). Es bleibt abzuwarten wie sich das darstellt wenn die großen Schwärme aus dem Baltikum undSkandinavien eintreffen und die Schlaf- und Nahrungsplätze bevölkern.

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Wir werden dazu weiterhin aktuell berichten. Schon jetzt wollen wir aber an die sicherlich alsbald wieder herbeiströmenden Besucher appellieren, in jeder Hinsicht Rücksicht auf die Kraniche zu nehmen, sie weder an den Schlafplätzen noch an den Nahrungsplätzen zu stören und in der Feldflur die von der AG Kranichschutz als ruhebedürftig markierten Bereich nicht zu betreten oder zu befahren und die Verhaltenshinweise zu befolgen (s. Tafel). – Man kann Tiere auch „wegbeobachten“, sie dadurch vertreiben, dass man ihnen zu nahe kommt, ihre arteigene „Fluchtdistanz“ oder den „Meideabstand“ mit seiner Annäherung verletzt und unterschreitet, um seine eigene wohlmeinende Beobachtungsfreude auszuleben – oder auch egoistische Neugier zu befriedigen.

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Das Vogelschutz-Komitee wird, um zur Störungsfreiheit der Kraniche beizutragen, auch in diesem Jahr den „rollenden Kranichbeobachter“ bereitstellen´, um rücksichtsvolle Natur- und Vogelfreunde an gute Beobachtungsplätze heranzubringen. Dieses Angebot gilt über den ganzen Oktober hin, wenn wir gemeinsam mit unserem lokalen Kooperationspartner Landpension Adebar die Linumer Kranichwochen 2012 begehen. – Wir berichten weiter. Dr. E. Schneider


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